XI - Eggcited
Karfreitag, 15.04.22
Was für ein Tag!
Wir starteten diesen aufgrund der bevorstehenden Strecke mit einem Weckerklingeln. Auf dem Programm standen nämlich knapp über 130 km. Also so viel wie wir zuvor noch nie geradelt sind. Und da kommt jetzt auch schon der Haken an der Geschichte: Es ist ziemlich strammer Nord-Ost-Wind angesagt. Blöd, wenn man da wie wir an der Küste sind und gen Norden fahren will 🙈. Aber hilft ja alles nichts!
Wir radelten um 7:45 Uhr los. Zunächst ging es ca. 30 km auf den Outer Banks zur Brücke, die uns von Kitty Hawk aufs Festland führen sollte. Schon so früh am Morgen pustete der Wind dabei kräftig entgegen. Wie gestern bereits geplant, fuhren wir hier an dem Flugdenkmal des ersten motorisierten Fluges der Wright Brothers vorbei.
Die Brücke zum Festland war dann nicht nur traumhaft aufgrund der Himmelsrichtung, in die sie führte (kurz mal Rückenwind), sondern auch wegen des grandiosen Ausblickes.
Dabei mussten wir jedoch kurz einmal aufschrecken, denn auf dem Seitenstreifen lag ganz entspannt in der Sonne eine schwarze Schlange. Aus der Entfernung dachte ich erst, das sei einer dieser Millionen Gurte oder ein Reifenteil. Diese Gegenstände sahen wir nämlich ständig. Aber als mich die gläsernen Augen anguckten, machte ich dann doch lieber schnell ein Ausweichmanöver. (Auch wenn die schwarzen Schlangen wohl ungiftig sind)
Nach der Brücke bogen wir dann leider wieder Richtung Norden ab. Bis Kilometer 55 strampelten wir so zunächst voran, bis wir in Grandy bei einem Mc Donalds einen Mittagsstopp einlegten.
Es folgten 20 weitere Kilometer gegen den Wind, als wir dann endlich gen Osten abbiegen konnten, um Richtung Elizabeth City zu radeln. Gleich einmal 10km/h schneller und mit weniger Anstrengung absolvierten wir die 30 km bis zur Innenstadt. Dort gab es einen sonnigen Kaffee-Stopp.
Jetzt hieß es „nur“ noch auf zur Unterkunft. Diese lag jedoch noch einmal 28 km südlich der Innenstadt. Wir dachten zunächst, dass diese ja aufgrund der Windrichtung nicht allzu schlimm werden konnten, doch da haben wir nicht mit dem Wind gerechnet. Der hatte nämlich inzwischen auf Süd-Wind gedreht, sodass wir auch dieses Stück gefühlt gegen eine Wand fahren mussten. Da hatte der innere Schweinehund ehrlich gesagt ordentlich zu kämpfen. Die Beinmuskeln waren erstaunlicherweise sogar noch verhältnismäßig zu gebrauchen.
Um 17:45 Uhr erreichten wir dann endlich unser Ziel. Unsere Gastgeberin Sue empfing uns herzlich und zeigte uns den heutigen Schlafplatz. Wir durften in ihrem riesigen Wohnmobil neben dem Haus schlafen. Außerdem sagte sie uns, dass auch bald das Abendessen fertig sei. Wow, schon wieder so tolle Gastfreundschaft!
Sie servierte uns einen American Chicken Pie, der ziemlich lecker war. Wir unterhielten uns noch kurz und gingen dann in unser Wohnmobil. Was für ein Tag!
Ostersamstag, 16.04.22
Nach unserer ersten Nacht in einem Wohnwagen (und bei so einem riesigen Ding behaupten die Amis, sie gehen „campen“) wachten wir recht früh auf. Dies nutzten wir für einen weiteren Geburtstagsanruf nach Deutschland; dort war es schließlich schon mittags.
Im Anschluss wurden wir von unserer Gastgeberin Sue mit ihrem Pickup nach Elizabeth City gefahren. Nach dieser anstrengenden Strecke gestern, die zudem ein Umweg für uns war, da wir heute wieder dieselbe Strecke zurück nach Elizabeth City mussten, hatten wir beschlossen, ihr Angebot als unser Fahrradtaxi anzunehmen. So überbrückten wir die ersten fast 30 Kilometer natürlich auf eine weitaus einfachere Weise. Sue fuhr uns aber nicht nur zu unserem Startort, sondern lud uns obendrein in ein leckeres, typisch amerikanisches Restaurant zum Frühstück ein! Mit Omelette und French Toast stärkten wir uns für unsere bevorstehende Tour. Dazu bekamen wir wieder Tee und Saft nachgeschenkt, so viel wie wir wollten (warum geht das in Deutschland nicht?!).
Als wir über kleine, ruhigere Straßen Richtung Nordwesten fuhren, stellten wir fest, dass es nahezu windstill war. Was für eine ungewöhnlich-schöne Tatsache! So überquerten wir mühelos die Grenze nach Virginia und folgten auf dem Weg nach Chesapeake sogar einer offiziellen Fahrradstraße. Vielleicht wird in diesem Bundesstaat ja alles fahrradfreundlicher.
In Chesapeake steuerten wir einen Walmart an, um unsere inzwischen ausgedünnte Verpflegungstasche aufzufüllen. Davor waren wir zum ersten Mal bei Chick-fil-A: einem Fastfood-Restaurant der besseren Sorte, welches uns von vielen Einheimischen immer wieder empfohlen wurde. Und tatsächlich ist es wesentlich besser als McDonald‘s und Co.
Wir fuhren schließlich die letzten Kilometer bis zum Haus unseres heutigen Gastgebers von Warmshowers. Unser Tachometer zeigte 65 Kilometer an; die Hälfte der gestrigen Distanz.
Heute kamen wir bei Ingo und seiner Familie unter. Er selber ist gebürtiger Deutscher, der seit einigen Jahren mit seiner mexikanischen Frau in den USA lebt. Durch Gespräche mit ihm, konnten wir heute Abend unser Deutsch mal wieder etwas aufbessern. 😉
Tatsächlich war zum Abendbrot das Haus voll mit Menschen, da sein Sohn mit Ehefrau und Schwiegereltern sowie seine beiden anderen Töchter, davon eine mit Baby, hier waren/sind. Wir wurden wie immer neugierig ausgefragt und unterhielten uns sehr herzlich mit allen. Dazu gab es ein leckeres Abendessen mit Brownies zum Nachtisch. Einfach herrlich!
Mit etwas Ernüchterung stellten wir fest, dass für unsere morgige Strecke nach Williamsburg schon wieder 115 km zusammengekommen sind. Man könnte meinen, so langsam sind wir an solche Distanzen gewöhnt. So wird es sicherlich wieder ein anstrengender Tag, an dessen Ende wir genauso sicher erneut von einem herzlichen Gastgeber empfangen werden.
Ostersonntag, 17.04.22
Der heutige Morgen startete nicht ganz österlich, da wir uns wieder einen Wecker zum Aufstehen stellten. Auf dem Tacho standen heute nämlich wieder über 100 km.
Unser Gastgeber Ingo verabschiedete uns am Morgen bei unserer Abfahrt um 07:45 Uhr. Als wir auf der Route waren stellten wir leider fest, dass der Wetterbericht recht hatte: Gegenwind! Was für ein Spaß 🙈. Aber es gab auch gute Neuigkeiten, denn wir hatten wirklich eine richtig gut ausgebaute Fahrradstrecke über die Dörfer zur Verfügung.
Für eine längere Pause stoppten wir zunächst in Smithfield. Wir suchten uns hier ein Plätzchen in der schnuckligen Inmenstadt. Diese war aufgrund des Feiertages jedoch heute menschenleer. Hier warteten wir sehnsüchtig auf den vorhergesagten Sonnenschein, denn 15•C und Wind sind zwar beim Radeln kein Problem, ohne Bewegung jedoch recht frisch.
Egal: nach der Pause wurde uns schnell wieder warm, zumal wir nicht nur aufgrund des Windes ordentlich strampeln mussten, sondern auch aufgrund der zunehmenden Anstiege. Da war jeder Meter Fahrt durch halbwegs windstillem Wald Gold wert.
Umso glücklicher waren wir, als wir endlich die kleine Fähre in Scotland erreichten, die uns schnurstracks nach Jamestown fuhr. Mittlerweile konnten wir dies tatsächlich auch wettertechnisch genießen, da sich die Sonne endlich blicken lies.
In Jamestown kamen wir pünktlich zur Kaffeepause um 15 Uhr an. So tankten wir Sonnenschein und Energie in der historischen Innenstadt. Jamestown war nämlich der Ort, an dem 1607 die ersten Engländer -unter ihnen John Smith- mit einem Schiff ankamen, um eine Siedlung zu gründen.
Da wir noch etwas Zeit hatten, bis wir zu unserer Unterkunft durften, entschieden wir uns für einen kleinen Spaziergang nach James Island. Hier konnten wir dann sogar (mehr oder weniger legal) kostenfrei die nachgebaute Siedlung Jamestowns besuchen.
Nachdem wir wieder zurück bei unseren Rädern waren, fuhren wir die letzten 14 km zur Unterkunft in Williamsburg. Diese waren noch mal richtig hart und ich hatte ein kleines Dejavu von vor 2 Tagen: wir wechselten hier nicht nur die Fahrtrichtung - der Wind wechselte die Richtung mit uns, sodass wir auch hier ordentlich strampeln mussten.
Ziemlich erschöpft und stolz auf uns kamen wir beide bei Roy an, der uns in seinem riesigen Haus herzlichst begrüßte. Nachdem er uns alles zeigte, kochte er für uns ein sehr leckeres 3-Gänge-Menü. Wow! Was für ein Luxus!
Vollgefuttert fielen wir danach auch ziemlich schnell ins Bett und genossen den Gedanken an den morgigen Ruhetag 😇.
Ostermontag, 18.04.22
An unserem heutigen Pausentag wachten wir deutlich später auf als die letzten Tage. Nach einem Spaziergang durch das Wohnviertel und einem Anruf in die Heimat, begrüßte uns Roy in der Küche zum Frühstück. Er selbst hatte schon gegessen und stellte uns alles zur Verfügung, worauf wir so Lust hatten. Während wir unseren Brunch genossen, bot Roy an, uns mit dem Auto in die Innenstadt von Williamsburg zu fahren, da es seitdem und den ganzen Tag lang regnete.
Gegen 12 Uhr fuhr uns unser persönlicher Chauffeur in die historische Innenstadt, das Colonial Williamsburg. Dies umfasst ein großes Gelände, auf dem Originalhäuser und Nachbauten aus dem 18. Jahrhundert stehen und das Leben der ersten Siedler darstellen. In vielen Gebäuden kann man verkleideten Handwerkern beim Arbeiten zuschauen. Aufgrund des Wetters und des Wochentags - Ostermontag ist hier nämlich kein Feiertag mehr - war es recht leer in der Stadt. Dies machte es für uns angenehmer, durch die Straßen zu spazieren.
Um 16 Uhr holte uns unser Gastgeber wieder mit dem Auto ab und fuhr uns zurück; was für ein Service! Und auch das war „not a problem at all“ für ihn.
Zum Abendbrot servierte uns Roy Schnitzel. Dazu gab es einen Weißwein, der uns bereits vor dem Essen angeschwipst hatte. Den Tag beenden wir mit einem Film.

























































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