VIII - Bittersweet Carolin(a)
Samstag, 02.04.22
Aufstehen um 5 Uhr. Ein ganz normaler Urlaubstag. Doch da wir gestern ja erfuhren, dass in der Stadt heute ein 10-Kilometer-Rennen (der Bridge Run) ausgetragen wird, wodurch einige Straßen in Charleston und, für uns viel bedeutender, die Brücke über den Fluss nach Mount Pleasent gesperrt sein werden, wollten wir uns auf den Weg machen, bevor alles gesperrt wird. Leider bedeutete das einen frühen Start. Noch im Dunkeln beluden wir unsere Räder, kochten noch schnell Kaffee und streichelten noch einmal den süßen Hund. Punkt 6 Uhr fuhren wir los und erreichten die nahegelegene Brücke zur rechten Zeit. So langsam ging die Sonne auch schon auf. Und schon nach einigen Abbiegungen hatten wir alle Straßensperren und Polizeiaufgebote hinter uns gelassen und konnten befreit, nun im Hellen, endgültig nach Georgetown aufbrechen. Für die unfassbare Distanz von 120 km war es letzten Endes gut, dass wir bereits so früh auf der Straße waren.

Noch gestern Abend: persönlicher Friseurtermin.
Am Vormittag kamen wir sehr gut voran und konnten einige ruhige Abzweigungen vom Highway 17 nehmen. Auf diesen Straßen überholten uns einige Rennradfahrer, unter denen natürlich wieder einige neugierige Fahrer waren, die kurz mal auf unsere Geschwindigkeit herunterschalteten und uns ausfragten. Als wir wieder auf den Highway kamen, erfasste uns der Gegenwind mit seiner vollen Härte und bescherte uns eine qualvolle Stunde, bevor wir in Mc Clellanville eine wohlverdiente Pause einlegten. Zu diesem Zeitpunkt waren knapp 70 Kilometer geschafft und wir ziemlich stolz auf uns beide. An manchen Tagen hatten wir zu dieser Zeit noch so viele Kilometer vor uns wie wir heute bereits hinter uns hatten.
Kurz nach 12 Uhr machten wir uns wieder auf den Weg, welcher ähnlich verlief wie der vorherige. Wir genossen einige Abschnitte abseits des Highways auf ruhigen Straßen (dafür mit lauter Musik aus unseren Handys) und hatten mit dem Gegenwind zu kämpfen. Je näher wir dem Ziel kamen, desto langsamer und schwerer wurden unsere Tritte.
Viel früher als erwartet, überglücklich und stolz erreichten wir Georgetown gegen 15:30 Uhr. Die 120 Kilometer waren geschafft! Und wir auch… Es ist erstaunlich, welch zusätzlichen zeitlichen Puffer wir durch unsere frühe Abfahrt hatten. Wir waren uns beide dennoch einig, dass wir sowohl das frühe Aufstehen als auch diese lange Distanz nicht wiederholen möchten. Einmal reicht 😅
Wir ließen uns zunächst in einem Café entlang der ‚Historic Waterfront‘ in der drittältesten Stadt South Carolinas nieder. Nach einer langen Verschnaufpause und einem kleinen Stadtrundgang steuerten wir ein amerikanisches Burger-Restaurant an, welches auf halbem Weg zu unserer heutigen Unterkunft lag. Beim Essen langten wir ordentlich zu!
Pappsatt machten wir uns zur AirBnB-Unterkunft auf, die noch etwa drei Kilometer entfernt war. Wir betrachteten es als leichtes Ausradeln zur ‚Entspannung‘.
Hier im Zimmer werden wir uns gleich noch unter die warme Decke kuscheln (bei 12 Grad Außentemperatur legitim, so finden wir) und einen Film schauen.
Sonntag, 03.04.22
Nach üblicher Morgenroutine starteten wir heute wieder zu gewohnter Zeit bei strahlendem Sonnenschein.
Nach ca. 20 km legten wir unseren ersten Stopp bei einem Supermarkt bei Pawleys Island mit Picknick-Bank ein. Dabei waren wir uns schnell einig, dass unsere Beine dann heute doch sehr müde sind und wir froh über die kürzere Distanz von „nur“ 55 km sind.
Dank eines Hinweises von unserem heutigen Gastgeber fuhren wir eine wunderschöne Route entlang, bis wir auf den Huntington Beach State Park trafen. Hier begaben wir uns schnurstracks zum Strand und ließen einfach die Seele baumeln. Basti traute sich sogar ins Wasser. (Die Wassertemperatur ist hier im Norden nur noch 16•C)
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| ‚Du musst noch ein Foto machen. Auf dem war mein Trizeps gar nicht angespannt.‘ |
Nur schwer konnten wir uns wieder dazu aufraffen, die letzten 15 km für heute anzugehen. Aber was soll’s … so traten wir wiederum in die Pedale, bis wir das schöne Haus von David und seiner Frau Janet erreichten. Die beiden haben wir wieder über Warmshowers entdeckt und konnten glücklicherweise recht spontan bei ihnen übernachten. Wir wurden hier neben einer warmen Dusche dann auch wieder mit einem leckeren Abendbrot verwöhnt. Danach machten wir noch einen kurzen Ausflug „in die Stadt“, um dort ein leckeres Eis zu essen (Softeis mit Erdnussbutter, Keksen und Schokosoße 🤤) und die Promenade am kleinen Hafen entlang zu spazieren.
Montag, 04.04.22
In den heutigen Morgen starteten wir sehr entspannt und mit einem von unseren Gastgebern gestellten ausgedehnten Frühstück. Eigentlich wollten wir heute ja einen Pause-Tag einlegen, wir entschieden uns jedoch dagegen, da wir nochmals die Entfernungen der nächsten Etappen bis zum geplanten Aufenthalt in Wilmington nachgesehen hatten. Um diese Tage zu entlasten, entschieden wir uns dazu, heute zumindest eine kleine Strecke zu absolvieren. Also radelten wir um die Mittagszeit los. Zunächst strampelten wir bei abermals kräftigem Gegenwind bis zum Myrtle Beach State Park. Hier gab es einen kleinen Strandspaziergang. Die Sonne schien zwar unermüdlich, doch der Wind sorgte dann doch bei den 17•C für eine kleine Gänsehaut 🙈.
Nach einer Weile begaben wir uns wieder aufs Rad und merkten sehr schnell, dass die Strecke heute wirklich nicht lang werden wird, da uns der Wind einfach viel zu stark entgegen kam. Also beschlossen wir am späten Nachmittag bei einem Kaffee von Starbucks, dass wir uns ein möglichst preiswertes Hotel in der Nähe (immer noch in Myrtle Beach) buchen wollen.
Das günstigste, was uns hier angezeigt wurde, war ein Apartment für 70$ inklusive Frühstück. Das klingt doch nicht schlecht, dachten wir. Also buchten wir hier und checkten auch schon kurz darauf ein. Die Dame an der Rezeption war dabei schon genervt, als sie uns die Tür aufmachen musste. Freundlich versuchten wir dennoch mit ihr zu kommunizieren. Nachdem sie uns das Zimmer zeigte, fragte ich noch nach dem morgigen Frühstück, das laut Buchung inbegriffen ist. Sie meinte daraufhin, dass es erst ab Ostern (Saisonbeginn) wieder Frühstück geben wird, weil gerade eh kein Gast da sei. Als ich dann (wirklich freundlich) fragte, ob es dann eine Möglichkeit gibt, einen Teil des Preises erstattet zu bekommen, wurde sie zum Inbegriff eines zickigen Hausdrachens. Pampig antwortete sie, dass es dann um 08:30 Uhr Frühstück geben wird. Als ich meinte, dass es wirklich auch in Ordnung für uns sei, kein Frühstück zu bekommen, da ich ihr Argument verstehen kann und das ja nur eine Frage war, blieb sie stur, pampig und zickig und wiederholte, dass es um 08:30 Uhr Frühstück geben werde.
Ich war kurz davor sie dafür zu bedauern, dass sie einen Job hat, bei dem sie 1x im Monat auch was machen muss… na ja wie dem auch sei… wir sind sehr gespannt, welch labbriges Toast und schmierige Wurst wir morgen früh serviert bekommen. 😅
Fürs Abendbrot kauften wir im Supermarkt ein. Da unser Zimmer eine Mikrowelle besitzt, konnten wir wieder einmal unser fortgeschrittenes Mikrowellen-Wissen auspacken, um ein leckeres Menü zu zaubern.
Und damit geht das Kapitel South Carolina auch schon zu Ende, da wir morgen über die Grenze nach North Carolina fahren werden.
Dienstag, 05.04.22
Die Außenbeleuchtung vor unserem Zimmer bescherte uns eine recht helle Nacht. Wir hatten schon gemutmaßt, dass die Besitzerin des Hotels das Licht mit Absicht angelassen hat; schließlich war sie seit unserem gestrigen Gespräch nicht gut auf uns zu sprechen. Pünktlich wie wir gestern bestellt wurden, gingen wir um 8:30 Uhr in den Frühstücksraum. Dort erwartete uns ein Low-Quality-Frühstück der feinsten Art: Marmelade und Margarine aus der Tube, weißes Toast bzw. Bagel und merkwürdig gefärbtes Wasser aus dem Wasserkocher. Serviert wurde das alles auf Plastikgeschirr. Die Mahlzeit brachten wir schnell hinter uns und packten noch ein paar Bagel für den Tag ein. Unsere liebe Empfangsdame bekamen wir nicht mehr zu Gesicht. Zum Auschecken hingen wir unseren Schlüssel einfach an ein Brett im Eingangsbereich.
Heute waren wir wieder etwas früher auf der Straße und auch gleich im Getümmel von Myrtle Beach, da entlang des Highways viele Einkaufsläden und Restaurants lagen. Unsere Fahrradroute führte uns, zu unserem Verwundern heute gut ausgeschildert, zunächst nach North Myrtle Beach, Little River und Sunset Beach. Letzterer Ort liegt bereits in North Carolina. Dort machten wir in einem süßen, kleinen Park am Fluss unsere Mittagspause. Der Wind besänftigte unsere Laune beim Fahrradfahren heute wieder, sodass wir froh waren, mittags bereits in diesem Ort zu sein.
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| Auf diesem Golfplatz liegt schon wieder ein Alligator |
Noch im Park wurde ich Teil eines Hundetrainings, bei dem ich einen Passanten spielen sollte, der sich dem jungen Hund nähert. Die Hundetrainerin und die neuen Besitzer des Hundes übten an diesem Tag anscheinend das Verhalten im Freien.
Nach getaner Arbeit und Stärkung fuhren wir eine knappe Stunde nach Shallotte (wird nicht so ausgesprochen, wie es geschrieben wird und man es im Englischen vermutet) und machten seit langer Zeit wieder mal bei einem Walmart Halt. Dort kauften wir Lebensmittel und Kabelbinder ein. Letztere brauchen wir, um hoffentlich endgültig unsere eine Fahrradtasche zu „reparieren“, sprich am Gepäckträger zu montieren.
Da wir hier bereits früher an unserem eigentlich festgelegten Ziel angekommen waren als wir dachten, überlegten wir, noch etwas weiterzufahren. Schließlich war es gerade mal 14 Uhr. Andrerseits wussten wir um die bevorstehende Wetterlage. Ab dem späten Nachmittag war starker Regen vorhergesagt. Wir überlegen deshalb, weil wir weder in Shallotte noch in Supply, dem nächst größeren Ort, eine Unterkunft hatten. Vielmehr gibt es in Supply überhaupt gar keine Unterkünfte. Wir hatten uns in beiden Fällen bereits darauf geeinigt, mal wieder einfach bei Einheimischen zu klingeln und nach einer Bleibe zu fragen. Schlussendlich waren wir mutig und fuhren noch weiter.
Kurz vor Supply fuhren wir an einem Haus vorbei, das uns von außen schick, groß und vor allem vertraulich genug aussah. Die Garage des Hauses stand offen, sodass wir uns dort bemerkbar machten. Der Haushund übernahm mit seinem Bellen das Klingeln für uns. Kurz darauf erschien ein älterer Mann, der uns fröhlich begrüßte. Nachdem wir ihn darum gebeten hatten, eine Nacht an einem überdachten Platz bleiben zu dürfen, sprach er zunächst mit seiner Frau und führte uns schließlich auf einen ausgebauten Dachstuhl direkt über der Garage. Hier könnten wir unsere Luftmatratze ausbreiten und es uns gemütlich machen. Unsere Räder durften wir in die Garage bringen. Darüber hinaus gibt es einen Pool, den wir benutzen dürfen (was wir später dann auch gemacht haben), einen Tischkicker und einen Air Hockey Tisch. Wow! Was haben wir wieder Glück mit unseren Gastgebern! Wieder einmal lassen uns zwei liebe Menschen in ihrem Haus schlafen. Wir waren und sind überwältigt, dass das einfach so geht.
Zum Abend durften wir sogar die Küche nutzen, um uns Tortellini zu kochen, die wir dann im Esszimmer in Gesellschaft von Ron und Berita aßen. Anschließend unterhielten wir uns noch eine Weile mit ihr, nachdem Ron in die Kirche zum „Men‘s evening“ gefahren ist.
Mittlerweile regnet es ziemlich stark. Es wurde sogar eine Tornado-Warnung für den Landkreis ausgegeben. Umso glücklicher sind wir, in einem warmen und geschützten Haus zu übernachten.























































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