V - Überraschendes AngeBoot.

Sonntag, 20.03.22

Unsere Nacht in unserem Zimmer war leider etwas stickig. Als wir am Morgen auf unser Handy guckten, sollten gleich Hiobsbotschaften auf uns warten. Die erste: absoluter Gegenwind. Die zweite: irgendwie kamen 110 Tageskilometer bis zu unserem nächsten Ziel zustande. Das muss uns in unserer Planung entgangen sein. Mit etwas Respekt vor den heutigen Herausforderungen aßen wir schnell Frühstück und verabschiedeten uns von Lee. Wir dachten: probieren wir doch erstmal, ans Ziel zu radeln. 

Nach zwei Stunden absolut anstrengender Fahrt, bei der wir durch den Wind teilweise auf der Stelle standen, legten wir eine erste Pause ein. Da hatten wir gerade mal 30 km geschafft. Fehlten nur noch 80 km…

Schnell merkten wir, dass wir unter diesen Umständen auf keinen Fall bis St. Augustin kommen würden. Wir suchten nach Möglichkeiten, auf anderem Weg ans Ziel zu kommen. Diesbezüglich kontaktierten wir unseren Gastgeber über Warmshowers. Daniel bot uns doch tatsächlich an, uns an einem beliebigen Punkt auf der Strecke mit seinem Auto abzuholen. Wir sollten ihm einfach schreiben, wo wir dann sind. Wow! 

Beflügelt von diesem Angebot machten wir uns nach dem Essen wieder auf den Weg. Immer den A1A entlang. Wir nahmen uns vor, noch bis Flagler Beach zu gelangen.




Kurz vor dem Ort hupte uns ein uns entgegenkommendes Auto an. Der Fahrer hielt an und winkte uns zu. Es war Dan, welcher sich einfach auf den Weg gemacht hatte. An einer Straße, die nur geradeaus verläuft, sind zwei bepackte Radfahrer leicht zu erkennen. So lud er uns ein, spielte laute, deutsche Musik ab und fuhr mit uns die restlichen Kilometer in die älteste Stadt der USA. 

In St. Augustin angekommen fuhren wir direkt zu seiner Unterkunft. Ich schreibe absichtlich nicht Haus, denn Dan lebt auf einem Segelboot! Es liegt mitten im Zentrum der Stadt, neben einem Hilton-Hotel. Von diesem dürfen alle Anwohner des Hafens, also auch wir, die Waschräume und die Lounge nutzen. 











Nachdem wir alle Sachen im schnuckligen Boot verstaut hatten, spazierten wir noch etwas durch die Altstadt und zur Festung. Außerdem sahen wir von der Promenade aus Delfine im Wasser schwimmen! Das scheint hier voll normal zu sein, ist das verrückt!











Zum Abendbrot besuchten wir Dans Stammrestaurant in der Nähe des Boots. Das war zwar etwas teurer, dafür aber auch lecker. Da Dan selbstständig als Koch arbeitet, wollte er uns auch einen guten Ort zum Essen zeigen. Lustigerweise hatte Dan auch mal drei Jahre in Berlin gelebt, um dort eine Ausbildung zum Braumeister zu machen. Dadurch hatte er noch einige Deutschkenntnisse auf Lager, die er mit uns wieder auffrischte. Wir lachten viel zusammen über deutsche und amerikanische Angewohnheiten und hatten einen tollen Abend. Und so endet der Tag, in dem wir zum ersten Mal auf einem Boot einschlafen.







Montag, 21.03.22


Unsere erste Nacht ‚auf hoher See‘ verlief ruhig und erholsam. Am Morgen nutzten wir zunächst das WLAN in der Hotel-Lounge, um die nächsten Unterkünfte herauszusuchen. Dabei wurden wir erneut von einigen Bootsanlegern gefragt, wo wir herkommen bzw. hinwollen. Irgendwie ist es rührend, wenn sich viele fremde Leute einfach so dafür interessieren, was einen an diesen Ort bringt. 

Als Tagesausflugsziel hatten wir den Anastasia State Park mit dazugehörigem Strand ins Auge gefasst. Wir spazierten zunächst durch die Innenstadt und kauften in einem Bretzel-Zimt-Laden Leckereien ein.  Danach gingen wir knapp eineinhalb Stunden in die Richtung des Parks und aßen in einem Food-Truck-Park Mittag. Danach waren es nur noch wenige Schritte, bis wir im Park ankamen. Dort lief uns wieder mal eine Schildkröte über den Weg. 


Das älteste Schulgebäude der USA. 

Die Fußgängerzone, St. George Street








Als wir am Strand ankamen, liefen wir diesen in der Sonne ein wenig entlang und ließen uns danach an einer Stelle nieder, um die Augen zu schließen. Nach dem kleinen Nickerchen waren unsere Augen umso wacher und aufgerissen und suchten den Boden ab, da uns Dan berichtete, dass man an diesem Strand Haifischzähne finden könne. Nach kurzer Zeit und intensiver Suche fand Laura tatsächlich drei Zähne zwischen den ganzen Muscheln!






Am späten Nachmittag kehrten wir zum Boot zurück und suchten uns zum Abendessen eine Pizzeria in der Nähe aus. Dan war an diesem Abend bei einem seiner Kunden (natürlich ein Millionär), für den er privat kocht. Nachdem wir in der Lounge erneut WLAN schnorrten und uns bettfertig gemacht hatten, stiegen wir ins Boot und kuschelten uns unter die Decke. 








Dienstag, 22.03.22


Auch unsere zweite Nacht auf einem Boot verlief sehr ruhig. Leider wurden wir durch Daniel ziemlich früh geweckt. Anscheinend hatte er wichtiges zu tun (oder Schlafprobleme). Unser frühes Aufstehen brachte jedoch den Vorteil mit sich, dass wir mit unseren Rädern früher als die letzten Tage starten konnten. Als wir uns gegen 9:30 von Dan verabschiedeten und losfuhren, führte unser Weg nochmal durch die Innenstadt von St. Augustin und schließlich über eine Brücke mit wunderschöner Aussicht über das Areal. Nach einem Frühstücksstopp beim Supermarkt machten wir uns auf den Weg nach Jacksonville Beach.




Dieses Mal zeigte unser Navi zum Glück nur 50 km bis zum Ziel an. Diese Distanz überbrückten wir nahezu spielerisch, da der Wind am heutigen Tag zum Glück wieder aus der richtigen Richtung kam. Wir fuhren durch einige Naturschutzgebiete parallel zum Ozean. Bei einer Pinkelpause machte Laura auf einer Toilette Bekanntschaft mit einem quitschgrünen Frosch, welcher sich im Behälter des Klopapiers versteckte. So schnell habe ich sie noch nie eine Toilette verlassen sehen. 




Je näher wir dem Ziel kamen, desto mehr schicke Villen säumten erneut die Straßenränder. In Jacksonville Beach steuerten wir ein McDonalds an, bei dem wir uns einen Milchshake bzw. Eiskaffee kauften und uns damit an den Strand setzten. Welch ein schönes Gefühl!





Gegen 14 Uhr fuhren wir zu Brett, unserem Gastgeber von Warmshowers. Wir erwischten ihn zwar noch bei seinem Mittagessen, doch er empfing uns sehr freundlich und offen. Er zeigte uns das Stück Rasen neben seinem Haus, auf dem wir unser Zelt für die Nacht aufstellen konnten. In sein Haus konnten wir erst gehen, nachdem er seine drei riesigen Doggen in einem Zimmer eingesperrt hatte. Diese könnten nicht ohne Weiteres auf fremde Menschen losgelassen werden, meinte er. 




Nach kleinem Smalltalk über seine Fahrradvergangenheit und unseren Trip bauten wir unser Zelt auf, nahmen eine erfrischende Dusche und machten doch noch Bekanntschaft mit Charlie, einem seiner Hunde.




Am Abend lernten wir seine Frau, Jannis, und seinen Sohn, Alan, kennen. Zu fünft aßen wir Abendbrot, genossen eine Flasche Wein dazu und hatten einen lustigen Abend. Wieder einmal trafen wir Leute, die uns einfach so an ihrem Leben teilhaben lassen und uns mit offenen Armen empfangen. 

Leicht angeschwipst legten wir uns in unser Zelt und schliefen ziemlich schnell ein.



Mittwoch, 23.03.22


Wir wachten heute schon recht früh in unserem Zelt auf dem Grundstück der lieben Gastgeberfamilie auf. Nach einem angenehmen Frühstücksplausch mit Brett (kein Scherz, er hieß wirklich so) begaben wir uns weiter auf in Richtung Norden. Perfekte Windbedingungen unterstützten uns dabei. Allerdings hatten wir auch ein wenig die Wettervorhersage für den Nachmittag/Abend/Nacht im Auge, die Dauerregen versprach. Folglich planten wir spontan ein bisschen um. Eigentlich wollten wir heute Abend in Fernandina Beach auf einem Campingplatz übernachten, da es hier wirklich traumhaften Strand und einen Nationalpark gibt. Im Regen wollten wir das dann doch nicht machen. 


Also kontaktierte ich Niki, unsere nächste Gastgeberin, die sogar ursprünglich aus Deutschland stamm, ob wir auch schon heute zu ihr fahren können. Das bedeutete für uns zwar ca. 40 km mehr an Strecke bis nach St. Marys, aber was tut man nicht alles für einen trockenen Schlafplatz 🙈


Auf dem Weg von Jacksonville Beach nach Fernandina Beach mussten wir auf halber Strecke in Mayport eine kurze Fährfahrt auf uns nehmen, um letztendlich auf Amelia Island zu fahren. Der Strand, den wir von der Brücke aus schon sahen, war traumhaft weiß. 






In Fernandina Beach legten wir dann eine Mittagspause ein. Wir legten noch einen skeptischen Blick auf das Regenradar und hofften, dass wir es bis zum angekündigten Regen schaffen werden. 



Na ja leider kam da der Regen dazwischen .. 2h früher als vorhergesagt fing es an zu schütten .. zunächst wollten wir den „ersten“ Regenschauer abwarten, aber der Schauer war endlos.. Also beschlossen wir, über die Grenze von Florida nach Georgia weiter zu fahren, um uns zunächst in Kingsland bei einem Heißgetränk einmal trocken zu legen.



Das letzte kleine Stück bis zu Nikis Segelboot (ja auch sie lebt in einem Segelboot, in dem wir heute übernachten werden) fuhren wir mit der Gastgeberin gemeinsam im Auto, um noch einen Zwischenstopp zum Abendbrot in einem Mexikanischen Restaurant zu machen. Ihre Lebensgeschichte ist dabei einfach so krass und umfassend, dass man einen extra Blog bräuchte (Wer Lust hat, sie zu stalken muss einfach mal Niki Rellon oder Bionic Gypsy googeln). 



Den restlichen Abend verbrachten wir dann mit ihr und ihrer Katze im Boot, das übrigens momentan auf dem Trockenen liegt, da sie ein paar Dinge umbaut, und erzählten noch eine Weile, bis wir uns dann schlafen legten - im Warmen und Trockenen. 


Donnerstag, 24.03.22


Oh man schon wieder eine Planänderung für den heutigen Tag. Nachdem es die ganze Nacht regnete, ging es am Vormittag genau so weiter. Und die Wettervorhersage für heute versprach keinerlei Besserung. Offensichtlich ist Florida sehr traurig darüber, dass wir nun in Georgia angekommen sind und vergießt reichlich Tränen. 

Wir hätten sicherlich ohne Probleme den Tag über bei Niki im Boot bleiben können, aber ehrlich gesagt hatten wir wenig Lust, den ganzen Tag auf so kleinem Raum gedrängt zu sein. Aber eine Weiterfahrt Richtung Norden kam bei dem strömenden Regen auch nicht in Frage. Also buchten wir kurzerhand eine verhältnismäßig recht günstige Nacht in einem nahegelegenen Hotel bei Kingsland. 



Nikis Boot liegt zwar auf dem Trockenen, wir dagegen fahren im Nassen. 

Mit Sack und Pack begaben wir uns dann auf den Weg, um zunächst einzukaufen und etwas zu essen. Dabei machten wir es uns vor dem Supermarkt auf Stühlen gemütlich, die vor der Filiale eigentlich zum Verkauf standen, gemütlich.





Anschließend verbrachten wir die Zeit bis zum Check-Inn bei Starbucks-Coffee. Hier erwartete uns dann eine sehr aufmunternde Begegnung. Nach einiger Zeit, die wir bei Kaffee und Blog-Schreiben verbrachten, kam der Chef der Filiale zu uns, um mit uns zu plaudern. Als wir ihm von unserer Reise erzählten, holte er uns zunächst für jeden noch einmal ein Heißgetränk aufs Haus. Einige Minuten später kam er dann noch mal auf uns zu und übergab uns eine Tüte mit verschiedenen Kaffeesorten. Quasi sein Geschenk für die Reise. Wir waren wieder einmal überwältigt von so viel Freundlichkeit.








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