III - Über das Ziel hinaus

Samstag, 12.03.22

Der Tag startete wieder einmal mit den ersten Sonnenstrahlen. Doch heute störte uns das frühe Aufwachen wenig, denn wir hatten uns aufgrund der Wettervorhersage sowieso vorgenommen, zeitig zu starten. Also packten wir fix und mittlerweile routiniert unsere Sachen zusammen, frühstückten und fuhren los.


Zum Glück ereilte uns wieder der Rückenwind, denn die Windstärke hatte in der Nacht deutlich zugenommen. Jedoch war ab 12 Uhr Regen angesagt, weshalb wir zu diesem Zeitpunkt den Großteil unseres Weges hinter uns gebracht haben wollten. 

In Windeseile (na ja sagen wir nach knapp 3 h) erreichten wir tatsächlich den zunächst angestrebten Park auf Pelican Island. Hier legten wir eine Mittagspause ein und waren überglücklich ein Dach über dem Kopf zu haben, denn gegen 12:30 Uhr fing es tatsächlich an, wie aus Gießkannen zu regnen und heftig zu stürmen (der Regen prasselte nahezu waagerecht zum Boden). 

Die Wartezeit verbrachten wir neben einigen Snacks mit einem Kartenspiel und einer kleinen Reiseplanung. 





Nicht einmal eine Stunde später war der ganze Wolkenbruch vorüber, sodass wir noch einen kleinen Wanderweg passieren konnten, auf dem laut Aushang viele Vögel zu sehen sein sollten. So spazierten wir knapp eine Stunde entlang des Weges bei wieder einmal beeindruckender Natur (und eher wenig beeindruckendem Schwefelgeruch, der vom sumpfigen Gebiet herrührte).







Bei immer noch frischem Wind und vollständiger Bewölkung beschlossen wir anschließend, uns zum etwa 6 km entfernten Zeltplatz für eine Übernachtung in den Sebastian Inlet State Park zu begeben. Wir hatten dabei Glück und bekamen den letzten noch freien Platz zugewiesen (und ja, dieses Mal bezahlten wir auch ganz brav). 

Das einzige Problem jetzt: laut Google war hier weder ein Restaurant, noch ein Supermarkt in unmittelbarer Nähe. Also fragten wir an der Rezeption nach einer Möglichkeit zur Essensbeschaffung. Tatsächlich war der nächstgelegene Kiosk 4 km entfernt. 

Also beschlossen wir, fix das Zelt aufzubauen (bei starkem Wind gar nicht so leicht) und nochmals loszuradeln.



Der Kiosk entpuppte sich als Anglerladen+Fischverkauf, bei dem es zudem einige Lebensmittel zu kaufen gab. Mit einigen Snacks, Pulver-Kartoffelpüree und Sanndwich beladen strebten wir den Rückweg zum Zelt an. Dort wartete zunächst eine Entschädigung des Wetters auf uns, denn zum Abend blickte tatsächlich noch einmal die Sonne hervor - Sebastian sei Dank. 




Nachdem wir unser Essen wie immer professionell zubereitet hatten, aßen wir auf der Rückenfront der Sanitären Einrichtungen, um ein bisschen Windstille zu genießen. Abschließend kochte ich noch einen Tee und wir begaben uns bei nunmehr ziemlich eisigen Temperaturen und heftigem Wind ins Zelt und hörten noch ein wenig Podcast. 



Was das wohl für eine Nacht werden wird?



Sonntag, 13.03.22


Wenn wir bisher behauptet haben, dass unsere Nacht am Flughafen oder die ersten Nächte im Zelt ungemütlich waren, dann sind diese nun äußerst komfortabel gegenüber der letzten Nacht! Ein ungeahnter Kälteeinbruch und Sturm zog über Florida hinweg und brachte Temperaturen von 6 Grad Celsius in der Nacht. Dazu peitschte der Wind durch unser Zelt. Unsere maximale Anzahl an Schichten reichte leider nicht aus, um sorgenfrei auf der Luftmatratze zu liegen.

Da kam uns die Zeitumstellung, die in den USA in der Nacht von Samstag auf Sonntag vollzogen wurde, zum ersten Mal zu Gute. Auch hier werden die Uhren eine Stunde vorgestellt, sodass unsere Nacht zum Glück eine Stunde früher beendet war. Um kurz vor sieben Uhr neuer Zeit standen wir auf und liefen schnurstracks zu den Duschen. Hier standen wir jeweils für ungefähr 20 Minuten unter dem heißen Wasser, um uns durchzuwärmen.

Der Abbau des Zeltes wurde anschließend vom Wind erschwert, doch schlussendlich war wieder alles fest an den Rädern montiert. Mit langer Hose und Jacke fuhren wir los und merkten schnell: Hurra, der Wind kommt aus Norden; sprich von vorne. Das Wetter machte es uns leider schwer, uns auf die wunderschöne Natur im Sebastian Inlet State Park mit vielen Pelikanen und schöner Küste zu konzentrieren. 

Die nächsten 20 Kilometer bis zum nächsten Supermarkt quälten wir uns also mit Gegenwind und waren, zusätzlich zum Schlafmangel, sehr erschöpft, als wir beim Supermarkt Publix ankamen und uns mit Essen eindeckten.



Dabei schaute ich bei Warmshowers nach der Adresse unserer heutigen Gastgeber. Zum ersten Mal hatten wir über diese Plattform eine Zusage für eine kostenlose Übernachtung bekommen. In der App wurde uns das Haus von Robert & Mary in Melbourne Beach angezeigt, was vom genannten Supermarkt weitere 10 Kilometer entfernt gewesen wäre. Als ich jedoch die Adresse, die mir Mary bereits mitgeteilt hatte, nachschaute, sahen wir, dass diese leider 10 Kilometer südlich von uns lokalisiert war. Das bedeutete, dass wir heute bereits an ihrem Haus vorbeigefahren sind und nun wieder zurückfahren mussten. Das nagte zugegebenermaßen an der Motivation, da wir dadurch erstmal nicht das Gefühl hatten, heute großartig vorwärts gekommen zu sein.

Der Nachmittag und Abend sollte uns aber beweisen, dass wir in zwischenmenschlicher Hinsicht einen großen Schritt nach vorne gemacht haben. Als wir nämlich vor dem Supermarkt standen und nach der Route unsere nächsten Tage schauten, sprach uns eine Frau auf dem Fahrrad an. Es war Mary, die uns erzählte, dass sie und ihr Mann uns vorhin schon auf den Rädern gesehen hätten und sie uns daraufhin zum Supermarkt gefolgt sei. Sie versicherte uns auch nochmal, dass wir bereits zu weit gefahren seien. Für den Weg zu ihrem Haus bot sie uns an, unser Gepäck mit dem Auto abzuholen. Während sie also mit dem Rad die zehn Kilometer zurück zum Haus und ihr Mann Rob diese Strecke mit Auto wieder zum Supermarkt fuhr, entschieden wir uns endgültig, morgen in Richtung Orlando zu fahren, um dort von Dienstag zu Donnerstag zu bleiben. Rob fuhr unsere Taschen und Einkäufe zurück zum Haus und wir konnten ihm befreit und mit Rückenwind auf unseren Rädern folgen. Im Haus angekommen empfingen uns zwei zuckersüße, riesige und flauschige Hunde. Des Weiteren zeigte uns Mary unser Zimmer und das Haus. Wow! Eine kostenlose Übernachtung in solch einer Unterkunft. 





Wir spazierten von dort aus zum und durch den Indian River Lagoon Preserve State Park und abschließend zum Floridana Beach. Nach wie vor sehr tropische und bildschöne Natur (diesmal ohne Alligatoren).











Wir bekamen dann sogar Abendbrot serviert. So saßen wir eine Weile mit Rob & Mary zusammen und unterhielten uns sehr gut mit ihnen. Von ihnen bekamen wir schon die nächste Empfehlung für eine spätere Übernachtung in Jacksonville. Die beiden sind sehr offene und warmherzige Menschen und haben uns den Tag versüßt!

Zufrieden, an diesem Ort zu sein und speziell in einem Bett zu liegen, legten wir uns schlafen. Unsere Tür ist auch verschlossen, sonst, so wurde uns gesagt, würden in der Nacht die beiden Hunde Belle und Daisy zu Besuch kommen. Obwohl das gar nicht so schlimm wäre, da sie wirklich einfach herzallerliebst sind.




Montag, 14.03.22

Eine Nacht wie im Himmel(bett). Leider machte sich die Zeitumstellung heute besonders bemerkbar, da sie uns unter anderem eine Stunde von unserem wertvollen und erholsamen Schlaf raubte.

Noch vor dem Frühstück packten wir all unsere Sachen zusammen und stellten dabei fest, dass wir zu diesem Zeitpunkt ziemlich viel Zeugs dabei hatten. Vor allem Lebensmittel, die wir gestern Abend und heute Morgen zwar eingeplant hatten, jedoch gar nicht brauchten, da uns Mary & Rob kulinarisch verwöhnten! Zum Frühstück gab es selbstgemachte Waffeln, dazu Bacon, Butter, Sirup und Marmelade. Oh mein Gott, wie herrlich! Vor und nach dem Essen plauderten wir munter mit den beiden. Rob war unter anderem ganz interessiert daran, wie es in unserer Heimat aussieht, als wir ihm von unserem Grundstück erzählten. Dazu schenkten sie uns noch etwas Waschpulver für unsere Reise und gaben uns ihre Handynummern, damit wir mit ihnen in Kontakt bleiben können. „If you need anything, call us.“

Inspiriert und dankbar verabschiedeten wir uns von dem Ehepaar und fuhren um Punkt 10 Uhr los; eigentlich ja erst um 9 Uhr… Die ersten zehn Kilometer bis zum großen Supermarkt Publix kannten wir ja schon. Allerdings legten wir diese Strecke weitaus schneller zurück als gestern. Der Wind kam heute aus Osten, was für uns von spürbaren Vorteil war, da wir ab Melbourne dem Highway 192 nach Westen folgten, um morgen in Orlando anzukommen. Als wir die Stadt verließen fuhren wir derart schnell, dass wir die insgesamt 70 Kilometer bis zu unserem ursprünglich ausgeguckten Schlafplatz am Stück radelten und gegen 13:30 in Holopaw ankamen. An der Kreuzung pausierten wir vor einem kleinen Supermarkt und waren ein bisschen stolz auf unsere Leistung.



Da uns der Nachmittag noch bevorstand, entschieden wir weiter bis nach St. Cloud zu fahren. Das Glück war weiterhin mit uns, da wir sowohl Rückenwind hatten, als auch die umliegenden Wolken nur zur Zierde mit uns zogen. Mit unserer Ankunft in der Stadt knackten wir die Marke von 100 Kilometern. So viel sind wir zuvor noch nie mit dem Fahrrad gefahren. 

Nun doch deutlich erschöpft steuerten wir einen Walmart an, um dort das WLAN zu benutzen. Wir suchten nach Unterkünften in Orlando und wurden bei Couchsurfing fündig. Sam wird uns voraussichtlich für die beiden Nächte bis Donnerstag bei sich in der Wohnung aufnehmen und uns so einen kostenlosen Schlafplatz geben. 

Unseren heutigen Platz fürs Zelt haben wir uns in einem kleinen Park direkt am städtischen See, welcher ganz schön groß ist, ausgesucht. Hier haben wir unterm Pavillon unser Abendbrot (Reis mit indischer Soße und Gemüse) genossen. Leider musste Laura nochmal zum Supermarkt fahren, um Trinkwasser zu kaufen. Die Trinkwasserspender bei den öffentlichen Toiletten funktionieren nämlich leider nicht. 




Nicht der eigentliche See. Nur ein Teich neben dem East Lake Tohopekaliga.


Wir sitzen also wieder mal im Zelt und warten noch einige Zeit ab, ob niemand was gegen unsere Übernachtung einzuwenden hat. 



Dienstag, 15.03.22


Zusammenfassend lässt sich der heutige Tag mit einem Wort beschreiben: verbesserungswürdig!!! 

Nach der morgendlichen Zeltroutine fuhren wir zum Frühstück für WLAN zu Walmart. Dort waren wir ein wenig geknickt, denn bislang hatten wir keine Zusage für eine Übernachtung in Orlando, unserem heutigen Ziel. Sam, mit welchem wir in Kontakt waren, hatte sich bislang nicht eindeutig zu einem Aufenthalt geäußert.



Wir radelten dennoch zunächst ins 30 km entfernte Disney Springs. Der Weg dorthin war ein wenig unübersichtlich, aber irgendwann schlängelten wir uns bis dorthin durch. Dort angekommen war es dann recht beeindruckend … richtig teure und richtig viele Shopping- und Fressbuden à la Disney. Basti kaufte sich ein IronMan-T-Shirt.
















Bei einer Kaffeepause kümmerten wir uns dann um eine Übernachtung für die kommende Nacht und buchten ein (überteuertes) Hotel. Das Zelt kommt für die kommende Nacht aufgrund von Gewitter- und Regenwarnung nicht in Frage. 

Voller Eindrücke fuhren wir dann mit dem Rad weitere 20 km Richtung Orlando zu dem Hotel. Auf dem Weg ein blödes Missgeschick: die eine Fahrrad-Rucksacktasche an meinem Rad hat sich im Zahnrad der Kette verfangen und ist vollständig gerissen. Da müssen wir in den nächsten Tagen wohl ein wenig basteln. Zur Reparatur kauften wir bei Walmart Panzertape und Sekundenkleber (in der Hoffnung, dass dieses Provisorium halten könnte). Meine Hoffnung liegt dabei im Kleber, da dieser hier erst ab 18 Jahren verkäuflich ist. 


Am vermeintlichen Hotel angekommen dann der größte Mist des Tages: die Buchung ist nicht im System angekommen. Schön, dass das Geld schon bezahlt ist! 

Wir wurden von dem - Sorry für den Ausduck - Deppen an der Rezeption nicht reingelassen und standen um 19 Uhr zunächst ohne Unterkunft da. 


Hier ist es allerdings dicht besiedelt, sodass wir ein Stück weiter jetzt ein „Hotel“ gefunden haben.. ich sage mal so: deutscher Standart sieht anders aus. 


Abendbrot gabs im All-You-Can-Eat Restaurant mit internationaler Essensauswahl. Endlich mal ein ziemlich gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. 👍🏻





Mittwoch, 16.03.22


Der heutige Tag war der Inbegriff von „anders als geplant“. Zunächst lief jedoch alles wie geplant. Da wir heute keine Tageskilometer zu schrubben hatten, starteten wir ganz gemütlich in den Morgen. Für das anstehende Frühstück deckten wir uns entspannt bei Walmart ein und aßen dann auch direkt vor Ort, um anschließend unseren geplanten Mini-Ausflug nach Orlando Downtown zu unternehmen. Hier hatten wir auch wieder WLAN-Empfang, sodass ich sogar noch eine Zusage von Victor via Couchsurfing für die anstehende Nacht empfangen konnte. Dies stellte sich später noch als DIE gute Nachricht des Tages heraus. 

Wir fuhren also los in Richtung Innenstadt. Gerade ein Mal 5 Minuten auf dem Weg wurden wir plötzlich von der Polizei angehalten. Im Kopf ratterten schon sämtliche Dinge, aber uns fiel absolut nichts ein, was wir falsch gemacht haben könnten… Es stellte sich heraus, dass wir auch nichts falsch gemacht hatten, denn die Polizisten fragten uns lediglich wo wir nächtigen und wohin wir wollen. Danach informierten sie uns über die doch eher problematische Situation in dieser Gegend und gaben uns den Rat, uns ein anderes Stadtviertel zum Aufenthalt zu suchen.  

Also entschieden wir uns, den geplanten Tagesausflug sausen zu lassen, der oben genannten Person via Couchsurfing zu antworten und das Hotel zu verlassen. 

Beim Checkout fragten wir natürlich, ob wir das bereits gezahlte Geld für die kommende Nacht erstattet bekommen. Offensichtlich waren die Argumente (die wirklich wahr waren) sehr schnell überzeugend genug, um den vollen Betrag erstattet zu bekommen. Ich meine: ein stark nach Qualm stinkendes Nichtraucher-Zimmer ohne WLAN und nicht wirklich sauber für 90€ pro Nacht ist jetzt nicht wirklich das gelbe vom Ei. 


Wir machten uns also direkt auf dem Weg zu Victor, unserem Gastgeber für die kommende Nacht. Hier konnten wir zunächst unser Gepäck abstellen, um dann zu den nahegelegenen Universal-Studios zu fahren. Den kurzen, knackigen Regenschauer auf dem Weg dorthin konnten wir zum Glück unterm Dach abpassen. 



Wir erreichten zunächst den Universal Studio City Walk, bei dem kein Eintritt verlangt wird und ähnlich wie bei Disney Springs viele Lokale und Geschäfte im jeweils passenden Styling zu finden waren. Wir waren sogar kurz davor, wirklich Tickets für den Universal Park zu kaufen (Auch wenn dort sssseeehhrrr viele Achterbahnen sind, die wir beide nicht ab können). Als die nette Dame an der Kasse dann jedoch 200€ pro Person als Eintritt haben wollte, haben wir uns schnell Unentschieden und mit dem Blick auf den Park begnügt. 









Den Blick konnten wir sogar noch verbessern, denn wir hatten die Idee, das im Resort befindliche Hotel aufzusuchen, um dort in die oberste Etage zu fahren und einen guten Ausblick zu genießen. Gesagt .. getan .. und der Ausblick hat sich wirklich sehr gelohnt. Die Dachterrasse auf Etage 17 des Hotels eignete sich super für einen perfekten Blick über ganz Orlando und Umgebung. 





Für das Abendbrot haben wir dann wiederum mit Victor (Mitte) kommuniziert, der uns fragte, ob wir gemeinsam mit ihm und einen weiteren Freund in ein nahegelegenes typisch amerikanisches Restaurant gehen wollen. 

Und das war eine wirklich gute Entscheidung. Das Essen schmeckte mega lecker und wir hatten einen richtig lustigen und schönen Abend. 



Ja und jetzt sitzen wir im Haus von Victor, das 100 mal mehr Komfort hat als das Hotel von letzter Nacht; und ist kostenlos!


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